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10.07.2025

Berliner Senat beschließt Ausweitung von Waffen- und Messerverboten auf Öffentlichen Nahverkehr

Verdachtsunabhängige Kontrollen halten Einzug bei Bus und Bahn

Am 24. Juni 2025 hat der Berliner Senat ein umfassendes Verbot des Mitführens aller Messer sowie von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen beschlossen – selbst für Inhaber eines Kleinen Waffenscheins. Neben den bereits bestehenden Waffenverbotszonen am Görlitzer Park, Kottbusser Tor und Leopoldplatz erstreckt sich die neue Verordnung künftig auf sämtliche Fahrzeuge und Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs. Betroffen sind damit U-Bahnen, S-Bahnen, Busse, Straßenbahnen sowie Bahnsteige, Bahnhofsgebäude und deren Zugangsbereiche. In Kraft treten soll die Regelung voraussichtlich am 17. Juli 2025. Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu 10.000 Euro geahndet werden, einschließlich Einziehung der mitgeführten Gegenstände.

Zuvor hatte bereits das Land Hessen ähnliche Maßnahmen für den ÖPNV eingeführt. Seit Februar 2025 gilt dort ein landesweites Verbot für das Mitführen von Waffen und Messern – und treibt seltsame Blüten: Medienberichten zufolge werden Darmstädter Straßenbahnen gestoppt und sämtliche Fahrgäste durchsucht. Selbst minderjährige Schulkinder bleiben nicht verschont. So berichtete die Frankfurter Rundschau, ein zwölfjähriger Schüler sei gefragt worden, ob er eine Bastelschere im Schulranzen habe. Laut einer Augenzeugin habe der Junge „sehr verunsichert“ gewirkt. Das wirft Fragen zur Verhältnismäßigkeit und auch zur Umsetzbarkeit solcher Einsätze auf. Die Aktion sei von „20 bis 30“ Beamten durchgeführt worden. Bei insgesamt sechs Einsätzen dieser Art wurden in Darmstadt rund 900 Personen überprüft – und gerade einmal 16 Messer sichergestellt.

Angesichts solcher Zahlen scheint die Nachfrage von Frank Teichert, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutsche Polizeigewerkschaft Berlin, mehr als berechtigt: „Butter bei die Fische, liebes Abgeordnetenhaus. Was sollen wir dafür liegen lassen, wenn wir uns konsequent um die Umsetzung dieses Verbotes kümmern sollen?“

Zwar sieht die Berliner Verordnung Ausnahmeregelungen vor, etwa für gastronomische Betriebe, deren Kundschaft sowie für Einsatz- und Rettungskräfte, diese dürften die Situation aber wohl kaum verbessern. Der Gedanke, berechtigte Interessen zu schützen, ist grundsätzlich begrüßenswert, doch die Realität zeigt: Die Vielzahl an Einzelfallregelungen führt in der Praxis häufig zu Unsicherheit, willkürlicher Auslegung und nicht selten zur rechtswidrigen Beschlagnahmung eigentlich legal mitgeführter Gegenstände. Selbst Messer, die gemäß § 42 Abs. 5 Nr. 1 lit. b WaffG nicht-zugriffsbereit transportiert und demnach erlaubt wären, werden im Zweifel einbehalten und ein Bußgeld erteilt, wie das Video von den Kontrollen auf dem Weihnachtsmarkt aus dem letzten Jahr eindrucksvoll zeigte.

Die schiere Anzahl an Ausnahmefällen macht deutlich, wie stark Menschen im beruflichen und privaten Alltag auf Werkzeuge, einschließlich Messer, angewiesen sind. Ein generelles Verbot solcher Gegenstände im Nahverkehr ist daher nicht nur praxisfern, sondern widerspricht auch grundlegenden Anforderungen an eine differenzierte und rechtsstaatlich tragfähige Sicherheitspolitik. Stattdessen bindet die Durchsetzung des Verbots wertvolle Personalressourcen der Polizei, die andernorts dringend benötigt würden, etwa zur Bekämpfung tatsächlicher Gewalttaten. Die erhoffte Steigerung der Sicherheit im öffentlichen Raum bleibt unter diesen Voraussetzungen illusorisch. Stattdessen entsteht vor allem eines: Symbolpolitik auf dem Rücken von Bürgern, Handwerkern, Berufspendlern und der Polizei.

Der VDB hat bereits in seiner Stellungnahme zum sogenannten „Sicherheitspaket“ und im Zusammenhang mit entsprechenden Verordnungen auf Landesebene betont, dass Waffenverbotszonen und pauschale Mitführverbote weder wirksam noch praktikabel sind. In unserer Stellungnahme zum Korrekturgesetz des Sicherheitspaketes haben wir ebenfalls auf klarstellende Regelungen zu den Ausnahmen gedrängt. Auch gegenüber dem Land Hessen und der Hansestadt Hamburg haben wir vor der Umsetzung derartiger Maßnahmen gewarnt. Nicht zuletzt haben wir erst heute eine Stellungnahme zu einer Subdelegationsverordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern abgegeben, in der wir ebenfalls vor einem undurchsichtigen Flickenteppich an Regelungen warnen. Unsere Forderung bleibt daher klar: Die ersatzlose Streichung des § 42 Abs. 4a sowie Abs. 5 bis 7 WaffG. Nur mit rechtlich klaren, durchsetzbaren und evidenzbasierten Regeln lässt sich echte Sicherheit schaffen.