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27.09.2024

Briefe schreiben lohnt sich!

Argumente gegen das Sicherheitspaket zeigen Wirkung: Abstimmung ist verschoben

Es war eine bemerkenswerte Anhörung am Montag, 23. September, im Ausschuss für Inneres und Heimat des Deutschen Bundestages. Mehr als ein Dutzend Experten trugen vor Ort ihre fachlich fundierte Meinung zum „Gesetzentwurf zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems“ vor und weitere (darunter der VDB) hatten ihre Stellungnahmen schriftlich eingereicht.

Warum bemerkenswert? Da nur die Fraktionen das Recht haben, bestimmte Experten vorzuschlagen, laden die natürlich in der Regel solche ein, die auf ihrer Seite stehen. Und von den „eigenen“ Experten kommt selten Widerspruch.

Das war am Montag ganz anders. Kurz gesagt: Der Gesetzentwurf wurde gerade zerpflückt – eben auch und gerade von den Sachverständigen, die von den drei Regierungsfraktionen berufen worden waren. „Setzen, sechs“ hätte es früher in der Schule gelautet, als noch streng benotet wurde. 

Nur ein paar Beispiele (alle Stellungnahmen können Sie auf der Seite des Bundestages nachlesen. Auch die Sitzung ist in der Mediathek abrufbar): 

Finn-Christopher Brüning, Deutscher Städte- und Gemeindebund, hielt es für fraglich, ob die Inhalte des Sicherheitspakets tatsächlich die objektive Sicherheit in Deutschland effektiv erhöhen. 

Jörg-Henning Gerlemann, Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg, machte grundsätzliche Bedenken gegen die Systematik und gegen die Vollzugsfähigkeit der Regelungen im Gesetzentwurf geltend. Er hob vor allem auf die geplanten neuen Waffenverbotszonen ab. Danach solle es ermöglicht werden, größere Teile von Deutschland generell als Verbotsgebiete auszuweisen, also etwa alle Volksfeste oder den gesamten öffentlichen Nahverkehr. Zu befürchten sei, dass schon aufgrund des Umfangs umfassende polizeiliche Kontrollen nicht möglich seien.

Niels Heinrich, Fachliche Leitstelle Nationales Waffenregister (NWR), Hamburg, meinte, bezogen auf das Waffenrecht zeuge der Gesetzentwurf von Praxisferne, beinhalte fachliche Fehler und mache den derzeit ohnehin schon bestehenden Wust an unnötiger Bürokratie noch größer. Keine der vorgesehenen waffenrechtlichen Maßnahmen hätte nach Überzeugung des Kriminaloberrats die Taten von Mannheim und Solingen verhindert. „Hier wird ein Paket von Maßnahmen geschnürt, welche die Freiheit der Bürger in unserem Land einschränken – um symbolpolitisch diejenigen zu bekämpfen, die unsere Freiheit abschaffen wollen.“

Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker, Universität Bremen, meinte, die Vorschläge überträfen alles, was es bisher im Bereich der digitalen Überwachung gegeben habe. Er sprach von einem „sicherheitsbehördlichen Daten-Supergau“ und sagte wörtlich: „Dagegen wirkt die Vorratsdatenspeicherung wie ein Spaziergang.“ 

Sarah Lincoln, Gesellschaft für Freiheitsrechte, sagte: „Das sogenannte Sicherheitspaket enthält zahlreiche, völlig übereilte Maßnahmen, die das Land nicht sicherer machen werden und die gegen höherrangiges Recht verstoßen. Jede dieser Neuerungen hätte eine eigene Sachverständigenanhörung verdient.“ Die Regierung lasse die nötige Besonnenheit und das rechtsstaatliche Augenmaß vermissen. 

Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, mahnte: Ermächtigungsgründe für grundrechtsintensive Maßnahmen dürften nicht übereilt geschaffen werden.

Heiko Teggatz, Bundesvorsitzender der DPolG – Bundespolizeigewerkschaft, legte in seiner Stellungnahme dar, dass die vorgeschlagenen Änderungen zum Waffenrecht komplett abzulehnen seien. „Mit den derzeit zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln wird die Bundespolizei weder personell noch materiell in der Lage sein, diese neue Aufgabe vollumfänglich zu erfüllen.“ 

Offenbar zeigte der Totalverriss des „Sicherheitspakets“ Wirkung. Und ganz bestimmt hat auch unser Briefgenerator sowie die Petition des BZL dazu beigetragen, dass das Gesetz nicht wie geplant noch in dieser Woche durch die Gremien gewunken wird. Am Donnerstag sagte zum Beispiel Konstantin Kuhle (FDP) im Bundestag: „Was uns am Montag in der Anhörung gesagt worden ist, das werde ich nicht ignorieren. Wir haben gehört, dass dieses Gesetz die Rechte der Legalwaffenbesitzer zu sehr einschränkt. Und deswegen werden wir Freie Demokraten dieses Gesetz an dieser Stelle noch ändern.“