Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 17.10.2023 – AN 16 S 23.1917
Titel:

Erfolgloser einstweiliger Rechtsschutz: Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit wegen Verstoßes gegen Aufbewahrungspflichten

Normenketten:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2b, § 36, § 45 Abs. 2 S. 1
AWaffV § 13 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Dass ein Waffenerlaubnisinhaber allein im Haus war und sich das Risiko, dass ein unbefugter Dritter seine Waffen tatsächlich an sich nimmt, nicht realisiert hat, ist für einen Verstoß gegen die Waffenaufbewahrungspflicht irrrelevant, weil es hier auf das Verhalten des Waffenerlaubnisinhabers ankommt. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 36 WaffG verbietet es dem Berechtigten nicht, in der eigenen Wohnung und dem eigenen befriedeten Besitztum seine Waffen bei sich zu tragen. Dies gilt jedoch nur, solange der Waffenbesitzer die tatsächliche Kontrolle über die Waffe hat und die erforderlichen Vorkehrungen getroffen sind, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Daher darf sich eine Waffe auch im Rahmen ihrer Prüfung und Wartung nur für die Dauer der Reinigung und Funktionsprüfung außerhalb der sicheren Aufbewahrung befinden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen verbunden sind, entbinden den Erlaubnisinhaber von seinen Aufbewahrungspflichten nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Verwahrung auf Dauer. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenrecht, Unzuverlässigkeit, Verstoß gegen Aufbewahrungspflichten, Waffenbesitzkarte, Widerruf, Reinigung, Bagatellverstoß, situative Nachlässigkeit, sprengstoffrechtliche Erlaubnis
Fundstelle:
BeckRS 2023, 30137

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 9.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner vier Waffenbesitzkarten, in die insgesamt 17 Waffen eingetragen sind, sowie gegen die Ungültigkeitserklärung und Einziehung seiner sprengstoffrechtlichen Erlaubnis.
2
Im Rahmen einer Kontrolle am 15. März 2023 stellten Mitarbeiter des Landratsamts fest, dass der Antragsteller zwei erlaubnispflichtige Kurzwaffen nicht ordnungsgemäß gelagert hatte. Der Feinwerkbau Perkussions-Revolver Kal. 44 (Nr. …) war in einer mit einem einfachen Vorhängeschloss gesicherten Holzkiste gelagert. Der Revolver Smith & Wesson Mod. 627, Kal. 357Mag (Nr. …) wurde in einem Aluminiumschießkoffer aufgefunden.
3
Mit Schreiben vom 22. Mai 2023 und 16. Juni 2023 hörte das Landratsamt den Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse an. Auf die Stellungnahme der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 19. Juni 2023 wird verwiesen.
4
Mit Bescheid vom 7. September 2023 widerrief das Landratsamt in Ziffer 1 die dem Antragsteller erteilten waffenrechtliche Erlaubnisse (Waffenbesitzkarten Nrn. …, …, … und …). Unter Ziffer 2 des Bescheids wurde seine sprengstoffrechtliche Erlaubnis (Nr. …) für ungültig erklärt und eingezogen. Dem Antragsteller wurde aufgegeben, die unter Ziffer 1 und 2 bezeichneten Erlaubnisse spätestens vier Wochen nach Bescheidszustellung dem Landratsamt zu übergeben (Ziffer 3) sowie seine Feuerwaffen, Sprengstoffe und Munition spätestens vier Wochen nach Zustellung des Bescheids einem Berechtigten zu übergeben oder durch einen Berechtigten dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen (Ziffer 4). Für den Fall der Nichterfüllung der in Ziffern 3 und 4 genannten Pflichten wurde unter Ziffer 5 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR pro Erlaubnis und von 500,00 EUR pro Waffe angedroht. In Ziffer 6 ordnete das Landratsamt die sofortige Vollziehung der Ziffern 3 und 4 des Bescheids an. Es begründete den Bescheid damit, dass der Antragsteller aufgrund von Verstößen gegen waffenrechtliche Aufbewahrungspflichten gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG nicht die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts besitze. Die zweifache falsche Lagerung von erlaubnispflichtigen Kurzwaffen stelle einen groben Verstoß gegen die Vorschriften des Waffengesetzes dar, weshalb gemäß § 34 Abs. 2, § 8a Abs. 2 Nr. 5 SprengG auch die sprengstoffrechtliche Erlaubnis zu widerrufen sei. Der Antragsteller sei vor der Kontrolle belehrt worden, dass er diese abwenden könne. Hiervon habe er keinen Gebrauch gemacht und im Vorfeld auch nicht erwähnt, dass er gerade eine Waffe habe reinigen wollen oder dass Waffen nicht ordnungsgemäß gelagert seien. Im Rahmen der Kontrolle sei dann festgestellt worden, dass der Antragsteller zwei Waffen außerhalb eines dafür vorgeschriebenen Behältnisses verwahrt habe. Es habe vor Ort auch kein laufender Reinigungsvorgang für eine der beiden Waffen festgestellt werden können, worauf der Antragsteller bei der Kontrolle auch hingewiesen worden sei. Dieser habe keine Einsicht gezeigt. Sein Vortrag sei als Schutzbehauptung zu werten. Sein kompletter Erinnerungsausfall bezüglich des behaupteten Putzvorgangs und der Schlechtlagerung ließen künftig nichts Gutes erwarten. Nach Würdigung aller Umstände sei auch zukünftig nicht mit einem ordnungsgemäßen Umgang des Antragstellers mit Waffen zu rechnen. Dieser besitze die Waffen zur Ausübung eines sportlichen Hobbys. Ein solches habe bei der Wertigkeit der Rechtsgüter einen erheblich geringeren Stellenwert als das Risiko für Leib und Leben, welches bei einem weiteren Waffenbesitz des Antragstellers für die Allgemeinheit zu erwarten sei. Auf die Begründung des Bescheids im Übrigen wird Bezug genommen.
5
Hiergegen hat der Antragsteller unter dem Aktenzeichen AN 16 K 23.1918 Klage erhoben, die auf Aufhebung des Bescheids vom 7. September 2023 zielt. Gleichzeitig hat er, hier streitgegenständlich, die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage beantragt.
6
Zur Begründung lässt er vortragen, er sei seit 1995 aktiv im Schießsport tätig und habe seitdem vielfach an Wettkämpfen und Meisterschaften teilgenommen. Er verfüge über einen Jugendausbildungsschein sowie die Qualifizierung zur verantwortlichen Schießstandaufsicht, führe etliche Meistertitel und sei ehrenamtlich in diversen Schützenvereinen tätig. Ihm sei die Verantwortung im Umfang mit Waffen und Munition stets präsent. Seit 1995 habe er einen vorbildlichen Umgang mit Waffen gezeigt. Ihm sei die Notwendigkeit eines verantwortungsbewussten Umgangs mit den Waffen sowie deren Aufbewahrung vollumfänglich klar, weshalb er auch sein Wohnhaus mit einer professionellen Alarmanlage, abschließbaren Fenstergriffen und Panzerverglasung ausgestattet habe.
7
Am 14. März 2023 habe der Antragsteller an einem Wettkampf teilgenommen, bei dem er aufgrund eines Waffendefekts in Absprache mit der gegnerischen Mannschaft anstatt mit der Großkaliberpistole mit seinem Großkaliberrevolver (Waffen-Nr. …) angetreten sei. Diesen habe er, nachdem er am späten Abend nach Hause zurückgekommen sei, ordnungsgemäß im Waffenschrank der Sicherheitsstufe B verwahrt und am folgenden Tag zum Zwecke der Reinigung hervorgeholt. Im Zeitpunkt der Kontrolle sei er mit der Reinigung der Waffe beschäftigt gewesen, was durch den Aufbau diverser Reinigungsutensilien im Zeitpunkt der Kontrolle ersichtlich gewesen sei und durch die von ihm unmittelbar nach der Kontrolle angefertigten Fotos belegt werde. Als es an der Tür geklingelt habe, habe er den Großkaliberrevolver in den am Boden liegenden Alukoffer gelegt, wie er dann von den Mitarbeitern des Landratsamts vorgefunden worden sei. Entgegen der Behauptung im Bescheid habe der Antragsteller die Mitarbeiter des Landratsamts auf den begonnenen Reinigungsvorgang hingewiesen. Nachdem er zum Zeitpunkt der Kontrolle allein zu Haus gewesen sei und keinen Besuch erwartet habe, habe er ihn zum Schutz Dritter in den Aluminiumkoffer gelegt und sei davon ausgegangen, dass er innerhalb kurzer Zeit seinen Reinigungsvorgang fortsetzen könne. Er habe diesen Großkaliberrevolver also nicht falsch oder fehlerhaft aufbewahrt.
8
Der einzige Vorwurf, den man dem Antragsteller machen könne, sei die nicht ordnungsgemäße Aufbewahrung des Feinwerk Perkussions-Revolvers (Waffen-Nr. …). Diesen habe der Antragsteller irrtümlich in einem verschlossenen Futteral in einer gesicherten Holzkiste untergebracht. In dieser mit einem Vorhängeschloss gesicherten Kiste bewahre er seine einschüssige Perkussionspistole und seine einschüssige Steinschlosspistole auf, während er die Perkussions-Revolver, wie auch bei der Kontrolle festgestellt, im Waffenschrank aufbewahre. Der Antragsteller nehme an Meisterschaften mit drei Vorderlader-Kurzwaffen-Disziplinen teil (Perkussionspistole, Steinschlosspistole und Perkussions-Revolver). Nach der Teilnahme an dieser Meisterschaft sei ihm bei der anschließenden Verwahrung der Waffen das Vertauschen der identisch aussehenden Futterale passiert. Er sei also irrtümlich davon ausgegangen, den Perkussions-Revolver ordnungsgemäß verwahrt zu haben. Es handele sich hier um eine einmalige situative Nachlässigkeit minderen Gewichts. Umstände, bei denen die Gefahr bestanden hätte, dass die Waffen in die Hände Nichtberechtigter hätten gelangen könnten, hätten hier gerade nicht vorgelegen. Der Antragsteller habe sich seit 1995 nichts zuschulden kommen lassen. Diesen Verstoß habe er eingeräumt und beseitigt. Auf die weiteren Ausführungen und die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen wird verwiesen.
9
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Ziffern 1, 2 und 7 des Bescheids des Antragsgegners vom 7. September 2023 anzuordnen
sowie
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Ziffern 3 und 4 des Bescheids des Antragsgegners vom 7. September 2023 wiederherzustellen.
10
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzulehnen
und bezieht sich auf die Begründung seines Bescheids.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
12
Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 7. September 2023 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, sind zulässig, aber nicht begründet und daher abzulehnen.
1.
13
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffern 1 und 2 des Bescheides getroffenen Verfügungen anzuordnen, ist gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO statthaft, da der Widerruf von Erlaubnissen nach dem Waffengesetz gem. § 45 Abs. 5 WaffG und die Erklärung der Ungültigkeit und Einziehung der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nach § 34 Abs. 5 SprengG sofort vollziehbar sind (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Gleiches gilt für die Erhebung der Bescheidsgebühr unter der Ziffer 7 (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Im Hinblick auf die in Ziffern 3 und 4 angeordnete Pflicht zur Rückgabe der Erlaubnisse und zur Unbrauchbarmachung oder Überlassung der Waffen und Munition an einen Berechtigten ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO statthaft, weil das Landratsamt insoweit in Ziffer 6 des Bescheids die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet hat (§ 80 Abs. 4 VwGO).
2.
14
Die zulässigen Anträge sind jedoch nicht begründet.
15
Entfaltet ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen bzw. wiederherstellen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs kann das Verwaltungsgericht neben einer etwaigen gesetzlichen Wertung (vgl. hier § 45 Abs. 5 WaffG, § 34 Abs. 5 SprengG) und der Bewertung eintretender Folgen für den Fall der Anordnung und den Fall der Nichtanordnung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen und für das öffentliche Interesse auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens berücksichtigen. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Sind die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen anzusehen, findet eine reine Interessenabwägung statt.
16
In Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des streitgegenständlichen Bescheides der Vorrang gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, einzuräumen. Der Bescheid vom 7. September 2023 erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller insoweit nicht in seinen Rechten. Selbst wenn man die Erfolgsaussichten in der Hauptsache in dieser Hinsicht als offen ansehen wollte, haben die Anträge im Hinblick auf die dann vorzunehmende Interessenabwägung keinen Erfolg.
2.1
17
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 3 und 4 des Bescheides genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da es sich dabei um eine auf den konkreten Fall abstellende, nicht lediglich formelhafte schriftliche Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts handelt. Im Bereich des Sicherheitsrechts sind die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs gering, weil es um den Schutz von Leben und Gesundheit geht und deshalb der Sofortvollzug in der Regel bereits aus der Natur der Sache begründet ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 3, B.v. 23.3.2006 – 19 CS 06.456 – juris Rn. 12). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft oder eine im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr darlegt. Gerade dann, wenn, wie insbesondere im Sicherheitsrecht, immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. OVG Münster, B.v. 25.8.2010 – 20 B 613/10 – juris Rn. 5).
18
Vorliegend hat das Landratsamt hinreichend konkret und unter Bezugnahme auf die vorliegende Situation die für diese Fallgruppe typische Interessenlage aufgezeigt und deutlich gemacht, dass der Antragsteller nach dem im Bescheid genannten Termin nicht länger über Waffen, Munition und diesbezügliche Erlaubnisse verfügen soll, die ihm das Recht zu deren Besitz und Erwerb bescheinigen, um das damit verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten.
2.2.
19
Der unter Ziffer 1 verfügte Widerruf der Waffenbesitzkarten des Antragstellers ist aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden.
20
Rechtsgrundlage für den Widerruf ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach sind Erlaubnisse nach dem Waffengesetz, hier der Waffenbesitzkarten, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 WaffG u.a. dann zu versagen, wenn der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
21
Diese Widerrufsvoraussetzung ist im Fall des Antragstellers nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfüllt. Die Kammer schließt sich der Auffassung des Antragsgegners an, dass der auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG gestützte Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse rechtmäßig ist und der Antragsteller die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG nicht besitzt. Der Antragsteller hat gegen die Waffenaufbewahrungsvorschriften verstoßen, indem er Waffen jedenfalls am 15. März 2023 nicht ordnungsgemäß verwahrt hat.
22
Gem. § 36 Abs. 1 WaffG hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Gem. § 13 Abs. 1 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) sind Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz erlaubnispflichtig sind, ungeladen und in einem Behältnis aufzubewahren, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 mit dem in Absatz 2 geregelten Widerstandsgrad und Gewicht entspricht.
23
Dieser Pflicht ist der Antragsteller nicht nachgekommen, da er in seinem Haus, wie bei der Kontrolle am 15. März 2023 festgestellt wurde, seinen Großkaliberrevolver (Waffen-Nr. …) und den Feinwerk Perkussions-Revolver (Waffen-Nr. …) in Behältnissen aufbewahrt hat, die diesen gesetzlichen Anforderungen nicht entsprachen. Der Antragsteller hat damit in zwei Fällen gegen die Verpflichtung verstoßen, erforderliche Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen oder Munition unbefugt an Dritte gelangen. Dass er nach seinem Vortrag jedenfalls zum Zeitpunkt der Kontrolle allein im Haus war und sich das Risiko, dass ein unbefugter Dritter diese Waffen tatsächlich an sich nimmt, nicht realisiert hat, ist für den Verstoß gegen die Waffenaufbewahrungspflicht irrrelevant, da es hier auf das Verhalten des Waffenerlaubnisinhabers ankommt. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, B.v. 24.02.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20; B.v. 9.1.2008 – 21 C 07.3232 – juris Rn. 6).
24
Den Verstoß gegen die Waffenaufbewahrungspflicht hat der Antragsteller hinsichtlich des in einer Holzkiste aufgefundenen Feinwerk Perkussions-Revolvers selbst eingeräumt. Auch wenn die Holzkiste durch ein Vorhängeschloss gesichert war, entspricht sie nicht den in § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV normierten Anforderungen. Die unstreitige Aufbewahrung des erlaubnispflichtigen Perkussion-Revolvers darin stellt daher einen Verstoß des Antragstellers gegen die sich aus § 36 Abs. 1 WaffG ergebende Pflicht dar.
25
Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist diesem auch eine Verletzung der sich aus § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV ergebenden Pflichten im Hinblick auf die Auffindungssituation des Großkaliberrevolvers (Waffen-Nr. …) anzulasten. Auch insoweit ist unstreitig, dass diese Waffe bei der Kontrolle am 15. März 2023 in einem Aluminiumschießkoffer aufgefunden wurde, wobei weder aus den Akten noch aus dem Vorbringen der Parteien ersichtlich wird, ob dieser verschlossen war oder nicht. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, da es sich hierbei auch im Falle einer Verschließung jedenfalls nicht um ein Behältnis handelt, das den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 AWaffV entspricht. Dies wird vom Antragsteller auch nicht bestritten. Vielmehr macht er insoweit geltend, er hätte den Revolver nach dem Wettkampf am 14. März 2023 ordnungsgemäß im Waffenschrank aufbewahrt und erst vor der Kontrolle am Folgetag herausgeholt, um diesen zu reinigen. Dabei hat er durch Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft gemacht, dass er diese Waffe am Vortag beim Wettkampf benutzt hat, was das Bedürfnis nach einer Reinigung plausibel macht. Nicht glaubhaft gemacht hat er jedoch, dass er unmittelbar vor der Durchführung der Kontrolle mit der Reinigung der Waffe beschäftigt gewesen war und hiervon durch das Klingeln der Mitarbeiter des Landratsamts unterbrochen wurde. Der Antragsgegner tritt diesem Vorbringen ausdrücklich entgegen und bestreitet, dass bei der Kontrolle ein sichtbarer Reinigungsvorgang erkennbar gewesen wäre. Soweit in der Antragsschrift gerügt wird, es sei nicht nachvollziehbar, was damit gemeint sei, greift dieser Einwand nicht durch, weil der Antragsteller selbst durch ein Foto, auf welchem der Tisch, ein Tuch mit Reinigungswerkzeug und Ölkännchen abgebildet sind, gerade einen solchen sichtbaren Reinigungsvorgang belegen will. Dieses Bild reicht zur Glaubhaftmachung seines Vortrags jedoch nicht aus, weil er selber einräumt, das Foto erst (wenn auch angeblich unmittelbar) nach der Kontrolle aufgenommen zu haben, weshalb es keinen Beleg dafür darstellt, dass die darauf abgebildete Situation der entsprach, die bereits zum Zeitpunkt der Kontrolle bestand. Gegen die Glaubwürdigkeit dieses Vortrags spricht, dass der Antragsgegner zu Recht darauf hingewiesen hat, dass es bei lebensnaher Betrachtungsweise zu erwarten gewesen wäre, dass der Antragsteller sogleich, nachdem ihm zu Beginn des Kontrollbesuchs am 15. März 2023 eröffnet worden war, dass eine waffenrechtliche Überprüfung stattfinden soll, auf den Reinigungsvorgang und die unsachgemäße Lagerung der Waffe hingewiesen hätte (vgl. auch BayVGH, B.v. 16.05.2022 – 24 CS 22.737 – juris Rn. 16). Dies hat er nach dem ausdrücklichen Vorbringen des Antragsgegners jedoch nicht getan. Zwar gibt der Antragsteller in der Antragsschrift hierzu an, er habe den Reinigungsvorgang bei der Kontrolle angesprochen. Er bestreitet aber selbst nicht, dass dies erst nach dem Auffinden des Großkaliberrevolvers im Schießkoffer der Fall war, wie dies im streitgegenständlichen Bescheid dargestellt wird.
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Doch selbst wenn man die Richtigkeit des Vorbringens des Antragstellers unterstellt, wäre aus Sicht der Kammer hier ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten zu bejahen. Zwar wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass die Pflichten des § 36 Abs. 1 WaffG im Falle der Reinigung von Waffen nicht bestehen, weil es sich dabei nicht um eine Aufbewahrung handelt (Adolph in: Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, Stand Juni 2022, § 36 WaffG Rn. 24). § 36 WaffG verbietet es dem Berechtigten nicht, in der eigenen Wohnung und dem eigenen befriedeten Besitztum seine Waffen bei sich zu tragen. Dies gilt jedoch nur, solange der Waffenbesitzer die tatsächliche Kontrolle über die Waffe hat und die erforderlichen Vorkehrungen getroffen sind, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 16.05.2022 – 24 CS 22.737 – juris Rn. 16). Daher darf sich eine Waffe auch im Rahmen ihrer Prüfung und Wartung nur für die Dauer der Reinigung und Funktionsprüfung außerhalb der sicheren Aufbewahrung befinden. Zwar will der Antragsteller hierbei durch das Klingeln an der Haustür unterbrochen worden sein. Dies hatte jedoch zur Folge, dass der Reinigungsvorgang von ihm nicht fortgesetzt werden konnte, sondern er deshalb den (Keller-)Raum verließ, sich zur Haustür begab und damit nicht mehr die tatsächliche Kontrolle über den Revolver hatte. Damit unterlag er wiederum den Aufbewahrungspflichten des § 36 WaffG, denen er auch bei Wahrunterstellung seines Vortrags nicht entsprochen hat. Dem steht – wie oben ausgeführt – auch nicht entgegen, dass er die Waffe in den Schießkoffer gelegt haben will, damit diese nicht auf den ersten Blick sichtbar war. Nach der gesetzgeberischen Vorgabe reicht eine derartige Verwahrung eben gerade nicht aus, sondern es gilt wiederum die gesetzgeberische Vorgabe, dass die Waffe für den Zeitraum, in dem der Berechtigte keine tatsächliche Kontrolle über sie hat, (wieder) in den Waffenschrank bzw. in einem den Anforderungen des § 13 AWaffV entsprechenden Behältnis einzuschließen ist. Dies gilt hier umso mehr, als die Waffe offenbar unzerlegt war und sich der Antragsteller nach eigenem Vortrag im Keller und offensichtlich in der Nähe des Waffenschranks befand. Danach ist es schon nicht nachvollziehbar, weshalb es nicht naheliegend bzw. ihm zuzumuten gewesen wäre, den Revolver anstatt in den Schießkoffer wieder zurück in den Waffenschrank zu legen, zumal ihm nicht bekannt sein konnte, wie lange der für ihn überraschende Besuch dauern und ob er anderen Personen Zutritt zum Haus gewähren würde.
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Die daher vorliegenden zweifachen Verstöße gegen § 36 Abs. 1 WaffG rechtfertigen die Annahme, dass der Antragsteller auch künftig mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG). Die diesbezüglich anzustellende Prognose hat sich an dem Zweck zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dieses Vertrauen kann einer Person nicht (mehr) entgegengebracht werden, wenn sie eine waffenrechtliche Verpflichtung missachtet, die einem vordringlichen und wesentlichen Ziel des Waffengesetzes dient (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30.13 – juris Rn. 19 m.w.N.). An die in § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Es bedarf nicht des Nachweises, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht. Verstößt ein Waffenbesitzer gegen die Aufbewahrungsvorschriften des § 36 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WaffG, was im Falle des Antragstellers entsprechend obigen Ausführungen sowohl hinsichtlich des Feinwerk Perkussions-Revolvers (Waffen-Nr. …) als auch im Hinblick auf den Großkaliberrevolver (Waffen-Nr. …) zu bejahen ist, ist dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient (vgl. BayVGH, B.v. 24.04.2023 – 24 CS 23.412 – juris Rn. 18 m.w.N.). Es bedarf keiner weiteren Verstöße, um eine negative Zukunftsprognose zu rechtfertigen. Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17).
28
Dies ist bei den vorgenannten Verstößen gegen § 36 Abs. 1 WaffG, der gewährleisten soll, dass Waffen nicht an Unberechtigte gelangen, nicht der Fall. Die Pflichtverletzung des Antragstellers wiegt so schwer, dass sie auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Prognose rechtfertigt, er werde auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig umgehen. Indem der Antragsteller die beiden Waffen entgegen den waffenrechtlichen Vorgaben in seinem Haus aufbewahrt hat, hat er gezeigt, dass er die im Waffenrecht erforderliche Sorgfalt nicht besitzt. Er hat mit dem sorglosen Umgang mit Schusswaffen Tatsachen geschaffen, die nach aller Lebenserfahrung ein plausibles Risiko dafür begründen, dass er auch künftig eine Verhaltensweise im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG an den Tag legen wird.
29
Nach alledem ist auch weder von einem Bagatellverstoß noch von einer situativen Nachlässigkeit minderen Gewichts auszugehen, die noch hingenommen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.2014 – 6 C 30.13 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 21 ZB 14.2236 – juris Rn. 15). Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass sich der Antragsteller darauf beruft, dass er wegen des identischen Futterals den Feinwerk Perkussions-Revolver mit der Perkussionspistole verwechselt hat. Vielmehr macht dieser Vortrag gerade deutlich, dass sich der Antragsteller seiner ihm obliegenden Aufbewahrungspflichten nicht bewusst ist. Denn der Umstand, dass die beiden Futterale identisch sind, hätte ihm in Anbetracht der ihn treffenden Pflichten vor Augen führen müssen, dass er umso mehr in der Pflicht stand sicherzugehen, dass es insoweit zu keiner Verwechselung kommen kann. Daher muss ihm angelastet werden, dass er es versäumt hat sich zu vergewissern, welche Waffe er in den Waffenschrank gelegt hat und welche in die Holzkiste, die nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 1 und 2 AWaffG entsprach. Dies gilt hier umso mehr, als der Antragsteller mit seinen Einwendungen deutlich gemacht hat, dass er dieses Fehlverhalten bagatellisiert und in keiner Weise erkennen lässt, dass er dieses reflektiert und die Notwendigkeit erkannt hat, seine Einstellung zu den ihm obliegenden Pflichten zu überdenken und diese zu revidieren. Deshalb ist auch nur ergänzend zu erwähnen, dass aus dem Vortrag des Antragstellers in keiner Weise klar wird, zu welchem Zeitpunkt die Verwechslung passiert sein soll, was wiederum seine fehlende Reflektierung des Vorgangs belegt. Doch selbst wenn der vorgetragene Irrtum erst nach dem Wettkampf am 14. März 2023 erfolgt sein sollte (wogegen spricht, dass der Antragsteller in diesem Zusammenhang von „Meisterschaft/en“ und nicht nur von einem Wettkampf, wie er am 14.03.2023 stattgefunden hat, spricht), entbindet der Umstand, dass der Antragsteller an dem besagten Abend erst sehr spät nach Hause gekommen sein will, ihn nicht von der Pflicht sicherzugehen, dass er sämtliche Waffen ordnungsgemäß aufbewahrt. Nach der Rechtsprechung entbinden die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen verbunden sind, den Erlaubnisinhaber von seinen Aufbewahrungspflichten nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Verwahrung auf Dauer. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn. 4 und 6, BayVGH, B.v. 24.02.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 27.7.2018 – 21 CS 17.2506 – juris; VG München, B.v. 25.11.2019 – M 7 S 19.4360 – juris). Das gilt hier angesichts der Bagatellisierungsversuche des Antragstellers umso mehr, als dieser keine Einsicht zeigt und seine Aufbewahrungspflichtverstöße sowohl hinsichtlich des Feinwerk Perkussions-Revolvers als auch, wie im Folgenden noch auszuführen sein wird, hinsichtlich des nicht ordnungsgemäß aufbewahrt vorgefundenen Großkaliberrevolvers als unwichtig darstellt und in keiner Weise erkennen lässt, dass er sich mit dem daraus ersichtlichen Problem des Bewusstseins hinsichtlich der ihm aufgrund der ihm obliegenden waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften bestehenden Verpflichtungen auseinandersetzt.
30
Vor diesem Hintergrund war entgegen der Ausführungen des Antragstellers eine günstige Prognose auch nicht deshalb veranlasst, weil der Antragsteller im Zeitpunkt der durchgeführten Kontrolle die übrigen Waffen ordnungsgemäß verwahrte, seit Jahren passionierter und erfolgreicher Sportschütze ist und sich bislang jedenfalls aktenkundig nichts hat zuschulden kommen lassen. Auch wenn dem Antragsteller nicht anzulasten ist, dass er erst nach fast 30 Jahren nach erstmaliger Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis einer Kontrolle unterzogen wurde, reicht sein weiteres Vorbringen, mit dem er sein im Übrigen tadelloses und verantwortungsbewusstes Verhalten darzutun versucht, nicht aus, um von einer günstigen Prognose i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG auszugehen. Dem Antragsteller hätten seine waffenrechtlichen Aufbewahrungspflichten gerade in Anbetracht seiner langjährigen Erfahrung und seiner Ausbildungs- und Aufsichtsqualifikation umso präsenter sein müssen und es hätte ihm angesichts der von ihm nachvollziehbar vorgetragenen persönlichen Bedeutung seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse daran gelegen sein müssen, sich nichts zuschulden kommen zu lassen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Kläger ein äußerst ambitionierter Sportwaffenschütze ist und bislang trotz der langen Zeit, in der er über waffenrechtliche Erlaubnisse verfügt, jedenfalls nie negativ aufgefallen ist. Es muss aber auch berücksichtigt werden, dass dem Kläger die Ausübung seines Hobbies durch die hier im Streit stehende Entscheidung nicht gänzlich verwehrt ist Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass es zu keinem anderen Ergebnis führen würde, wenn man die Erfolgsaussichten der Klage im Hinblick auf die Aufbewahrungspflichten bei Unterbrechung eines Reinigungsvorgangs und die sich widersprechenden Einlassungen der Parteien zur Frage, ob eine sichtbare Reinigungssituation vorlag, als offen ansehen wollte. Bei der dann anzuwendenden Interessenabwägung ist vielmehr zum einen die gesetzgeberische Entscheidung zu berücksichtigen, dass ein Rechtsmittel insoweit keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Im Weiteren ist zu beachten, dass der Antragsteller eine ernsthafte Reflektion seines waffenrechtlichen Fehlverhaltens nicht erkennen lässt. Zudem hat er bei Außerachtlassung seiner Leidenschaft für den Schießsport, dessen Ausübung ihm jedoch durch die streitgegenständliche Entscheidung nicht völlig unmöglich gemacht wird, keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass er in besonderer Weise auf seine waffenrechtlichen Erlaubnisse angewiesen ist und hier ausnahmsweise Gründe vorliegen, um von der gesetzlichen Wertung Abstand zu nehmen. Selbst bei Unterstellung von (teilweise) offenen Erfolgsaussichten der Klage sind für das Gericht deshalb keine Gründe ersichtlich, aus denen von der gesetzlich vorgesehenen Sofortvollzugsanordnung abgesehen werden müsste.
2.3
31
Die Anträge sind auch nicht insofern begründet, als sie die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nebst deren Nebenentscheidungen betreffen.
32
Rechtsgrundlage für die in Ziffer 2 des Bescheides erklärte Ungültigkeitserklärung und Einziehung der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis ist § 34 Abs. 2 Satz 1, § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2b SprengG. Danach ist die sprengstoffrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Berechtigte mit explosionsgefährlichen Stoffen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese nicht sorgfältig aufbewahren wird. Da die für das Waffenrecht aufgestellten Vorgaben über die Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG grundsätzlich auf das Sprengstoffrecht zu übertragen sind, entsprechen diese weitgehend den dortigen Regelungen. Aufgrund der Gefährlichkeit von Sprengmitteln sind im Sprengstoffrecht mindestens so strenge Anforderungen zu stellen wie im Waffenrecht (Adolph in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, § 8a SprengG Ziff. II m.w.N.). Danach sind entsprechend vorstehenden Ausführungen auch die Voraussetzungen für die Bejahung einer sprengstoffrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers und den damit nach dem Gesetz zwingend zu erfolgenden Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis gegeben.
33
Dass das Landratsamt den Bescheid insoweit stattdessen auf die Rechtsgrundlage des § 8a Abs. 2 Nr. 5 SprengG gestützt hat (was sowohl im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzung eines „gröblichen“ Verstoßes als auch hinsichtlich der fehlenden Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass es sich insoweit lediglich um eine Regelvermutung handelt, fraglich ist), ist unschädlich. Die Ergänzung der Rechtsgrundlage durch das Gericht beruht darauf, dass die Verwaltungsgerichte umfassend zu prüfen haben, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört beispielsweise die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 19.11.2015 – W 5 K 15.372 – juris Rn. 21). Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig. Der Austausch der Rechtsgrundlage lässt den Tenor der Grundverfügung hier unberührt; Ermessenserwägungen oder wesentlich andere Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit als die im Bescheid behandelten stehen nicht im Raum. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich in diesem Fall nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, ist der Verwaltungsakt im Sinn des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (vgl. BayVGH, B.v. 20.04.2015 – 20 ZB 15.106 – juris Rn. 4 unter Verweis auf BVerwG, U. v. 31.3.2010 – 8 C 12.09 – juris).
2.4
34
Die in Ziffer 3 des Bescheides aufgegebene Verpflichtung des Antragstellers, seine entsprechenden Erlaubnisse dem Landratsamt zu übergeben, sowie die in Ziffer 4 aufgegebene Verpflichtung, seine Feuerwaffen, Sprengstoffe und Munition binnen vier Wochen ab Bescheidszustellung einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen, fußt auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG, § 35 Abs. 2, § 32 Abs. 5 SprengG, deren Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
2.5
35
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erstreckt sich ausdrücklich nicht auf die Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids. Dessen ungeachtet ist die Klage des Antragstellers bei summarischer Prüfung auch hinsichtlich der in Ziffer 5 verfügten Androhung eines Zwangsgelds für den Fall der Nichterfüllung der in den Ziffern 3 und 4 des Bescheides angeordneten Pflicht zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten und der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis sowie der Übergabe bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen, des Sprengstoffs und der Munition erfolglos. Gem. Art. 31 Abs. 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten, wenn die Pflicht zu einer Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Da der Antragsteller voraussichtlich zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten und der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis sowie zur Übergabe bzw. der Unbrauchbarmachung der Waffen, des Sprengstoffs und der Munition verpflichtet ist, und die Zwangsgeldandrohung hinsichtlich der verfügten Maßnahmen differenziert, erweist sich der Bescheid auch insofern als voraussichtlich rechtmäßig.
2.6
36
Auch hinsichtlich der unter Ziffer 7 des Bescheids getroffenen Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Solche wurden vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.
37
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38
4. Die Streitwertfestsetzung folgt zum einen aus Ziffer 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach für den Widerruf von Waffenbesitzkarten, unabhängig von der Zahl der widerrufenen Karten, der Auffangstreitwert anzusetzen ist, wobei hierin zugleich die erste eingetragene Waffe mit enthalten ist (vgl. auch BVerwG, B.v. 12.6.2023 – 6 B 37.22 – juris). Demnach sind zum Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR die Anzahl der weiteren Waffen in Höhe von jeweils 750,00 EUR abzüglich einer bereits eingetragenen Waffe hinzuzurechnen. Vorliegend sind in den vier Waffenbesitzkarten des Antragstellers 17 Waffen eingetragen, so dass zum Auffangstreitwert ein Wert von 12.000,00 EUR (16 x 750,00 EUR) zu addieren ist. Hinzu kommt der Streitwert hinsichtlich der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis, der sich vorliegend aufgrund der Vergleichbarkeit mit einer Munitionserwerbsberechtigung (vgl. Nr. 50.3 des Streitwertkatalogs; SächsOVG, B.v. 13.9.2022 – 6 B 183/22 – juris Rn. 16; vgl. auch BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 24 ZB 16.663 – juris) auf 1.500,00 EUR beläuft. Der sich daraus ergebende Streitwert in Höhe von 18.500,00 EUR ist gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, wie vorliegend, zu halbieren, so dass insgesamt ein Streitwert in Höhe von 9.250,00 EUR festzusetzen war.