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10.07.2022

12,5 % weniger Verstöße gegen das Waffengesetz in 2021

Das Bundeslagebild Waffenkriminalität wird vom BKA auf der Grundlage der Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erstellt, in die die der Polizei bekanntgewordenen Straftaten (einschließlich mit Strafe bedrohter Versuche) nach Abgabe an die Staatsanwaltschaft aller 16 Landeskriminalämtern einfließen.

Erfasst werden dabei drei Sachverhalte, nämlich ein Verstoß gegen das Waffengesetz (WaffG), ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG) oder eine sonstige Straftat unter Verwendung einer Schusswaffe. Ein großes Problem ist dabei jedoch, dass beim Tatmittel „Schusswaffe“ nicht differenziert wird. Erfasst wird lediglich, ob „mit Schusswaffe gedroht“ oder „mit Schusswaffe geschossen“ wurde – eine Unterscheidung in erlaubnispflichtige oder erlaubnisfreie Waffen bzw. zwischen legalem oder illegalem Besitz erfolgt nicht. Nach Aussage des BKA kann sich folglich jemand auch schon mit einer Schusswaffe bedroht fühlen, wenn eine Spielzeugpistole verwendet oder lediglich der Anschein einer Schusswaffe hervorgerufen wird – in die Statistik fließt dies genauso ein wie die Bedrohung mit einer erlaubnispflichtigen Waffe.

Daher muss das BKA im Bundeslagebild mutmaßen, dass es sich „[…] nach polizeilicher Einschätzung überwiegend um Fälle des illegalen Erwerbs, des illegalen Besitzes, des illegalen Führens und der illegalen Einfuhr von Waffen handeln [dürfte]“. Der VDB kritisiert diese Tatsache seit Jahren, führt sie doch dazu, dass jede Straftat mit einer Schusswaffe als solche gewertet wird und damit unweigerlich auf alle legalen Waffenbesitzer zurückfällt. Hier ist dringend Handlungsbedarf erforderlich, um die Datengrundlage auf eine solide Basis zu stellen. Daher begrüßen wir als Interessenverband es, dass die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag vereinbart hat „die kriminalstatistische Erfassung von Straftaten mit Schusswaffen [zu verbessern]“. Denn nur die klare Unterscheidung zwischen Straftaten mit legalen oder illegalen, erlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Schusswaffen kann deutlich machen, dass das Gefahrenpotential wirklich von den illegalen und nicht von den Jagd-, Sport- und Sammlerwaffen ausgeht.

Im Jahr 2021 wurden 31.672 Verstöße gegen das Waffengesetz erfasst und damit ein Rückgang um 12,5 % im Vergleich zum Jahr 2020 (36.208 Fälle). Damit setzt sich der rückläufige Trend fort, denn auch in 2020 waren bereits 6,5 % weniger Verstöße gegen das Waffengesetz zu verzeichnen gewesen als 2019. Da es sich bei der Waffenkriminalität um sog. „Kontrollkriminalität“ handelt, ist die Aufklärungsquote mit 92,6 % (2020: 93,2 %) bei Verstößen gegen das WaffG und 81,8 % (2020: 81,4 %) bei Verstößen gegen das KrWaffKontrG sehr hoch. Denn Tatmittel und Tatverdächtige werden in der Regel zusammen festgestellt. Deshalb heißt es im Bundeslagebild auch: „Ohne Kontrollen bleibt Waffenkriminalität dagegen meist unentdeckt.“

Mit Schusswaffe gedroht wurde am häufigsten in Fällen von Straftaten gegen die persönliche Freiheit (54,3 %) und bei Raubdelikten (31,4 %). Dabei ereigneten sich 35,3 % der Fälle in Nordrhein-Westfalen!

Um dem Problem der illegalen Waffen gerecht zu werden, führt das BKA in den Erläuterungen aus, worin diese Probleme bestehen. Erstens in gestohlenen legalen Waffen, zweitens in illegal umgebauten Waffen und drittens in illegal gehandelten Waffen aus den Staaten des Westbalkans. Diese stammen aus den Konflikten der 1990iger Jahre. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg, zu dessen Beginn zahlreiche Waffen unkontrolliert an die Bevölkerung ausgegeben wurden, sehen wir als Verband bereits jetzt die Gefahr, dass auch diese Waffen auf illegalen Wegen nach Deutschland gelangen werden.

Ein weiteres Problem seien der professionelle, illegale Umbau von Schreckschusswaffen türkischer Herkunft, die sich aufgrund des verhältnismäßig günstigen Preises bei hoher Qualität besonders für einen illegalen Umbau in voll funktionsfähige tödliche Schusswaffen zu eignen schienen. Es ist anzunehmen, dass dies ein Faktor ist, der das Thema Schreckschusswaffen in der Innenministerkonferenz (IMK) sowie im Koalitionsvertrag aufkommen ließ und voraussichtlich dazu führen wird, dass diesbezüglich mit dem nächsten Waffenänderungsgesetz mit Verschärfungen zu rechnen ist. Obwohl in den zugänglichen Dokumenten der IMK überwiegend die Zahl der Straftaten mit Schreckschusswaffen in Berlin an Silvester genannt wurde.

Aus diesem Grund wäre eine Differenzierung dringend notwendig, um belastbare Zahlen zu erhalten, bevor es über eine Gesetzesänderung zu einer Einschränkung bei den SRS-Waffen kommt.

Auch illegal zurückgebaute Flobertwaffen aus der Slowakischen Republik lägen im Fokus der Strafverfolgungsbehörden. Hierbei handele es sich i.d.R. um ehemals erlaubnispflichtige Schusswaffen, die durch den Einbau eines kleineren Futterlaufs zum Verschießen von Munition im Kaliber 4mm Flobert oder 6mm Flobert abgeändert werden. Diese sind in der Slowakischen Republik ab 18. Jahren frei verkäuflich. Dadurch würden Kriminelle hier große Mengen solcher Waffen erwerben, illegal derart zurückbauen, dass Munition im ursprünglichen Kaliber verschossen werden kann und die vor allem halb- oder sogar vollautomatischen Schusswaffen anschließen in die EU-Länder bringen. Diese Tatsache führte bereits dazu, dass nach der EU-Feuerwaffenrichtlinie auch umgebaute Schusswaffen nun in die Kategorie der Ursprungswaffe fallen – jetzt müssten sich die Kriminellen auch hier nur daranhalten.

Laut Bundeslagebild Waffenkriminalität gibt es bei der Beschaffung illegaler Waffen eine Verschiebung. Das Tatmittel „Internet“ als Verwendungstatbestand gegen das Waffengesetz verliert immer mehr an Bedeutung. Zwischen 2019 und 2021 sank die Anzahl der Fälle von 818 über 671 auf 296. Jedoch gewännen z.B. (kryptierte) Messenger-Dienste an Bedeutung. Die Dunkelziffer sei jedoch hoch.

Auch der 3D-Druck gewinnt an Bedeutung, es werden vermehrt 3D-gedruckte Waffenteile sichergestellt. Die mit entsprechenden Waffen begangenen Delikte reichten von illegaler Waffenherstellung und unerlaubtem Waffenbesitz bis hin zum Mitführen oder Einsatz dieser Waffen bei Gewaltdelikten und sogar terroristischen Anschlägen wie z.B. in Halle im Jahr 2019. Fälle, in denen eine vollständig im 3D-Druck-Verfahren hergestellte Waffe oder ein im 3D-Druck hergestelltes wesentliches Waffenteil tatsächlich gegen Personen eingesetzt wurde, sind in Deutschland indes noch nicht bekannt geworden. Probleme bereiten aktuell eher Hybrid-Waffen, bei denen die höchstbeanspruchten Teile weiterhin aus Metall gefertigt sind.

Der VDB unterstützt daher die Forderung der Fraktion B´90/Die Grünen nach einer besseren Differenzierung der PKS, welche sich im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 wiederfindet. 
…[Um ein valides Bild über die Dimensionen und Ursachen solcher Straftaten zu bekommen, muss dokumentiert werden, ob eine Straftat mit einer legalen oder illegalen Schusswaffe begangen wurde, ob es bei der Tat auch zu einer Schussabgabe kam und ob die oder der Tatverdächtige berechtigt war, die Waffe zu besitzen oder nicht.]…

Das gesamte Bundeslagebild Waffenkriminalität können Sie über folgenden Link aufrufen: https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Waffenkriminalitaet/waffenkriminalitaet_node.html

Spannende Quellen zur Zivilbewaffnung in der Ukraine:
Deutschlandfunk (2014): https://www.deutschlandfunk.de/waffengesetz-in-der-ukraine-kalschnikow-im-supermarkt-100.html
Spiegel (2017) https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-bewohner-decken-sich-mit-waffen-ein-a-1133679.html
ntv (2022): https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Ukrainische-Buerger-kaufen-Abertausende-Waffen-article23223576.html
t-online (2022): https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91804596/ukraine-erlaubt-zivilisten-den-gebrauch-von-schusswaffen.html